Hyperledger IBM: Blockchain in der Handelspraxis – Teil 1
In dieser zweiteiligen Artikelreihe stelle ich Ihnen das Supply-Chain-Ökosystem „TradeLens“ vor – eine Handelsplattform, die auf einer privaten Blockchain basiert. Wir schauen uns genauer an, wer hinter dieser Plattform steckt, wer sie bereits nutzt und welche Vorteile sie Anwendern bietet. Bevor wir uns TradeLens zuwenden, klären wir aber erst einmal, auf welcher Infrastruktur diese private Blockchain aufsetzt und wer sie entwickelt hat.
Hyperledger
TradeLens basiert auf der Open-Source-Anwendung Hyperledger, die 2015 von der Linux Foundation gestartet wurde. Diese wiederum setzt auf einer ebenfalls von der Linux Foundation betriebenen Distributed-Ledger-Plattform auf. Die Linux Foundation ist ein gemeinnütziges Konsortium mit über 1.000 Mitgliedern aus den Bereichen Hardware, Software, Netzwerk und Telekommunikation. Sie beschäftigt rund 150 Mitarbeiter.
Mit Hyperledger verfolgt die Foundation die Idee, eine Umgebung zu schaffen, in der sich Unternehmen und Software-Entwickler treffen und gemeinsam blockchainbasierte Anwendungen schaffen können. Dazu gehört der Wissensaustausch über Technik, Programmierung und Schnittstellen genauso wie die Vernetzung von Branchen und Entwicklern innerhalb der Hyperledger Community. Dieses Angebot wird gut aufgenommen: Zusammen mit der öffentlichen Blockchain Ethereum ist das private System Hyperledger die weltweit meistgenutzte Blockchain-Lösung.
Wie eifrige Leser bereits aus einem meiner früheren Artikel wissen, handelt es sich bei Hyperledger um eine private Blockchain ohne native Kryptowährung wie BTC oder ETH. Hyperledger wurde für einen anderen Zweck entworfen: Diese Lösung soll Unternehmen die Möglichkeit bieten, interne Prozesse über eine Blockchain-Technologie zu betreiben.
Einer der zahlreichen Vorteile dieser privaten Blockchain ist die hohe Datenverarbeitungs-Geschwindigkeit von rund 1.000 Transaktionen pro Sekunde. Weil es sich um eine private Blockchain handelt, sind die darin erfassten Daten nur definierten Teilnehmern zugänglich – anders als in öffentlichen Blockchains wie ETH und BTC.
Das Ziel von Hyperledger ist es, den Mitgliedern eine branchenübergreifende blockchainbasierte Technologie zur Verfügung zu stellen, die diese in ihre Unternehmensstrukturen integrieren können, um transparent, vertrauensvoll und mit klar verteilten Verantwortlichkeiten untereinander zu interagieren und damit bestehende Unternehmensnetzwerke effizienter und sicherer zu gestalten. Dazu werden die einzelnen Netzwerk-Knoten auf die Teilnehmer der betreibenden Organisation verteilt. Das heißt: Alle Teilnehmer innerhalb des Netzwerks validieren gegenseitig ihre Transaktionen und füllen die Blockchain so mit Leben.
Die Vorteile dieser privaten Blockchain gegenüber einer herkömmlichen replizierbaren Datenbank: Zum einen schafft sie Sicherheit im Austausch zwischen Teilnehmern, die nicht einschätzen können, wieweit sie einander vertrauen können – denn dem System und seiner Verifizierung jedes Clients können sie vertrauen. Und zum anderen bietet die Blockchain die Möglichkeit, Rolle und Zugriffsrechte jedes einzelnen Teilnehmers exakt zu definieren: Hier wird festgelegt, wer welche Informationen sehen, ändern und/oder ergänzen darf – etwa die Bestätigung des Erhalts einer Sendung. Diese Vielschichtigkeit der Rechte und Möglichkeiten kann eine klassische replizierbare Datenbank an ihre Grenzen bringen, während die Blockchain exakt dafür gemacht ist.
Wie gut das funktioniert, zeigt die Praxis: Längst hat sich Hyperledger seinen festen Platz im Blockchain-Ökosystem verdient. Unternehmen wie Oracle, IBM, Microsoft und Intel arbeiten in zahlreichen Projekten eng mit Hyperledger zusammen, die wie IBM TradeLens oft schon im Live-Einsatz sind. Bereits heute nutzen Unternehmen wie die Frankfurter und die Londoner Börse, Daimler, Fujitsu, Hitachi, Airbus, J.P. Morgan, Bosch und Samsung Produkte der Hyperledger-Partner.
Die Frameworks
Hyperledger bietet verschiedene aufeinander aufbauende Softwareplattformen (Frameworks) an, die einzeln oder als Verbund genutzt werden können:
- Hyperledger Fabric: zentrales Netzwerk-Framework. Hauptpartner in der Entwicklung ist IBM.
- Hyperledger Burrow: Smart-Contract-Plattform
- Hyperledger Indy: dezentralisierte Identitätenverwaltung
- Hyperledger Iroha: mobile Anwendungen/Dapps
- Hyperledger Sawtooth: Enterprise-Blockchain-Plattform
Wenn Sie mehr über die etablierten und die noch in Entwicklung befindlichen Hyperledger-Projekte erfahren möchten, lohnt ein Blick auf die Hyperledger-Projektübersicht.
Hyperledger Fabric
Für uns besonders interessant: Hyperledger Fabric. IBM ist bei diesem Framework aktiv als Hyperledger-Kooperationspartner in die Entwicklung eingebunden. Das ist für IBM auch strategisch wichtig, weil das Unternehmen seinen Kunden so Blockchain-Services auf der Basis der eigenen Blockchain-Infrastruktur anbieten kann – und zwar bereits seit 2016.
Da es sich bei Hyperledger aber um ein Open-Source-Framework handelt, kann der Quellcode von jedem heruntergeladen und genutzt werden. Auch Sie können sich so Ihre eigene private Blockchain bauen – unabhängig von Ihrer Branche und vom geplanten Einsatz. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Sie oder Ihre IT-Kollegen Kenntnisse von Unix oder Linux besitzen und das Konzept dieser Blockchain verstanden haben.
Der Konsens wird bei Hyperledger mittels Proof of Authority (PoA) sichergestellt. Das Besondere an der Hyperledger-Framework-Familie: Jede der Plattformen kann innerhalb des PoA eine andere Art der Konsensfindung oder eine andere Konsensschicht nutzen und trotzdem mit den anderen Plattformen interoperabel verbunden werden. Das heißt, dass es pro Kanal/Framework einen Ledger gibt; die Peers in Fabric-Netzwerken wie IBM TradeLens verwalten jeweils eine Ledger-Kopie. Peers sind analog zu den Nodes bei BTC die Orte, in denen die Blöcke der Chain gespeichert werden. Verbunden werden die via PoA zertifizierten Mitglieder (beispielsweise die TradeLens-Nutzer) mit Programmierschnittstellen (APIs).
Wenn Sie tiefer ins Detail einsteigen möchten, erfahren Sie auf den Seiten zur aktuellen Hyperledger Fabric-Version mehr.
Die Rolle von IBM
Große Unternehmen wie Kaya&Kato, Walmart und Nestlé nutzen bereits IBM Blockchain. Mittelfristig will IBM seinen Service aber auch dem Mittelstand zugänglich machen. Bereits heute ist IBM Blockchain in verschiedenen Sektoren vom Lebensmittelbereich über das Gesundheitswesen bis zur Handelsfinanzierung im Einsatz, wird zur Steuerung von Lieferketten und für Produkt-Qualitätsnachweise genutzt.
Obwohl der IBM-Ansatz für hartgesottene Krypto-Enthusiasten wegen der zentralisierten Umsetzung keine richtige Blockchain ist, muss man zugestehen, dass IBM einen klar erkennbaren Blockchain-Fokus hat und im Bereich kommerzieller Blockchain-Anwendungen ohne native Währung führend ist. Wie sich der IBM-Blockchain-Service entwickeln wird, ist allein deshalb spannend, weil sich hier ein kommerziell ausgerichtetes Unternehmen dem Kryptospace stellt. In den letzten Monaten ist es um die IBM-Blockchain ein wenig ruhig geworden, aber die Nachfrage ist offensichtlich da. Wir bleiben dran!
Bild: © LuckyStep – shutterstock.com
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